Warum wir die Preise nicht ändern
während der vorübergehenden Senkung der deutschen Mehrwertsteuer
Buchpreisbindung
In Deutschland gibt es das Buchpreisbindungsgesetz. Es bestimmt, dass der Endkundenverkaufspreis vom Verlag festgelegt wird und dass dieser Preis für alle Verkäufer gilt, im Internet, in Buchhandlungen, beim Verlag selbst. Ziel des Gesetzes ist, die Marktmacht großer Akteure zu begrenzen.
Das Gesetz legt auch fest, dass der Preis eines Buches frühestens 18 Monate nach Erscheinen geändert werden darf. Bei neueren Büchern dürften wir den Preis nicht senken, wenn wir wollten.
Wir haben uns entschlossen die Preise unserer Bücher für die sechs Monate mit geringerer MwSt. nicht zu senken, denn der Aufwand wäre für uns enorm, der Gewinn für die Kunden sehr überschaubar.
Für Endkunden bleibt es beim Bruttopreis, wie er bis zum 1.7.20 war. Für Buchhändler bleibt der Nettopreis wie er war.
Verkehrsordnung für den Buchhandel
Sie stellt eine »Kodifizierung der Handelsbräuche im Buchhandel« dar. Damit macht sie den Handel mit Büchern geregelter, als den Handel mit beliebigen Waren und einfacher, denn wir müssen nicht mit jeder Buchhandlung erst »Geschäftsbedingungen« aushandeln (und umgekehrt macht es das Leben für die Buchändler*innen einfacher). Als Mitglied des Börsenvereins handeln wir nach der Verkehrsordnung.
Sie verpflichtet uns, Preisänderungen 14 Tage im Voraus anzukündigen und im Falle von Preissenkungen »innerhalb der letzten 12 Monate durch den Abnehmer bezogene und dort vorrätige Exemplare gegen Erteilung einer Gutschrift in voller Höhe und ohne Erhebung einer Bearbeitungsgebühr zurückzunehmen«.
Die Preisangabenverordnung
Sie regelt, dass Verbrauchern die tatsächlichen Preise eines Produkts klar mitgeteilt werden müssen. Insbesondere heißt es da: »Wer Verbrauchern gemäß § 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gewerbs- oder geschäftsmäßig oder wer ihnen regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Gesamtpreise).«
Nun drucken wir die Preise unserer Bücher bei jedem Titel auf die Rückseite. Da Bücher preisgebunden sind, ist das sinnvoll: Es spart dem Buchhandel den Aufwand der Etikettierung und macht Käufern den Preis transparent. Wir halten nichts von den manchmal anzutreffenden Büchern, die keinen aufgedruckten Preis haben. Es gibt keinen Grund, den Preis, der ja festgelegt ist, nicht aufzudrucken. Außer vielleicht sich am Rande der Legalität bewegende »Rabattaktionen«. Andere Gründe für die (Un-)Sitte haben sich uns noch nicht erschlossen.
Würden wir nun die Preise für sechs Monate senken, entsprechend der geringeren Mehrwertsteuer, müssten die Buchhändler alle unsere Bücher »neu auspreisen«. Da davon auszugehen ist, dass nicht alle Buchhändler alle Ankündigungen von Preissenkungen durch Verlage immer lesen (können), bedeutet das für uns, alle Händler zur Etikettierung aufzufordern oder aber ein Chaos unterschiedlicher Preise in verschiedenen Buchläden.
Und nach sechs Monaten müssten die Etiketten wieder entfernt werden.
Eine pauschale Gutschrift »an der Kasse«, wie bei manchen Einzelhändlern praktiziert, ist nicht möglich, wegen der Buchpreisbindung muss differenziert werden. Nicht nur nach Verlagen, die die Senkung »weiterreichen«, sondern auch je Buch. Denn »neuere Bücher« dürfen ja (Preisbindungsgesetz) nicht reduziert werden.
Fazit
Die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer bedeutet für alle kleinen und mittleren Gewerbetreibenden großen Aufwand. Der Nutzen für Verbraucher ist gering. Der Justitiar des Börsenvereins des deutschen Buchhandels, Christian Sprang, beschrieb diese Mehrwertsteuersenkung zu Recht als eine Regelung, »die anstelle dieser Autokaufprämie tritt, die jetzt … politisch nicht durchsetzbar war«.
Neben dem Aufwand Buchhaltung, Internet-Laden und dergleichen umzustellen (der jedes Gewerbe trifft) kommen bei Verlagen noch die besonderen Aspekte des Kulturgutes »Buch« dazu.
Deswegen haben wir uns gegen eine Preissenkung für 184 Tage entschieden.
Einwand: Verlage und Buchhändler machen Reibach auf Kosten der Kunden
Ja. Bei einem Buch wie der Ho-Chi-Minh Biografie beträgt der »Reibach« (das Buch kostet 24 Euro) je Exemplar 45 Cent.
Wenn wir das Buch direkt über den Internet-Laden verkaufen, streichen wir die 45 Cent ein. Die Umstellung unserer Buchhaltung und des Ladens hat uns nur einen guten Tag gekostet. Wieviele Bücher müssen wir mit diesem Zusatzprofit verkaufen, um die Umstellungskosten wieder reinzubekommen?
Wenn wir das Buch über den Buchhandel verkaufen, berechnen wir dem Buchhandel den alten Nettopreis, räumen also einen zusätzlichen Rabatt ein. In diesem Fall verteilt sich der »Reibach« von 45 Cent auf die Buchhandlung und den Verlag.
Der »Konjunkturimpuls« dieser zeitweisen MwSt,-Senkung greift tatächlich sehr bei Autos. Bei großen Autos. Der Aufwand bei jedem Verlag, jedem Buchhändler ist dagegen immens.